Corona: Wahrheiten und Diffamierung

Politische Diffamierung in Wahrheiten verpackt

Der Artikel „Brasilien ist eine Gefahr für die Weltgesundheit“ (Spiegel Online, 15.3.2021) ist ein sehr anschauliches Beispiel für „Desinformationen“ die teilweise weitaus gefährlicher und schlimmer als „Fake News“ sind: Hier werden Wahrheiten, die weltweit gelten, zur politischen Diffamierung anderer Länder genutzt und dabei zusätzlich noch vom eigenen Versagen abgelenkt.

Der Artikel kurz zusammengefasst: „Brasilien unter Bolsonaro ist daran schuld, wenn es Corona-Mutanten gibt, die gegen Impfungen resistent sind.“ Das wird an einem möglichst emotionalen Beispiel erläutert.

Wir kennen diese Fremdzuweisung von Schuld auch aus dem Beginn der Corona-Krise: „China ist Schuld, weil es zu spät und falsch auf das Corona-Virus reagiert hat.

Die Wahrheiten, die auch in der Brasilien-Diffamierung angesprochen werden, gehen allerdings dabei unter.

Was sind die einfachen Wahrheiten, deren Anwendung unter anderem dazu geführt haben, dass Asien die Corona-Pandemie ganz gut gemeistert hat:

  • Wo es sehr viele Individuen gleicher Art gibt, steigt das Risiko, dass Viren und andere Krankheiten sich diese Art als neuen „Wirt“ suchen. (Wenn zu viele Fische in einem Aquarium sind, werden sie über kurz oder lang an einer Seuche/Krankheit sterben.) „Überbevölkerung“ ist also ein wichtiger Auslöser für eine neue Seuche.
  • Dort wo der Kontakt mit der Natur am nächsten ist, es also viele potentielle Kontakte zu Tieren gibt, von denen Krankheiten auf den Menschen übergehen können, wird dies eher erfolgen, als dort, wo sich der Mensch von der Natur gelöst hat und in „sterilen Städten“ lebt. „Naturnähere Lebensweise“ verbunden mit großen Menschenmengen (Überbevölkerung) erhöht deshalb die Chance, dass an dieser Schnittstelle eine neue Krankheit/Seuche, wie Corona beginnt. Insofern ist es nicht verwunderlich, wenn neue „Pandemie-Kandidaten“ derzeit in Asien, Afrika oder Südamerika entstehen.
  • Viren mutieren, immer und überall. Diese Mutationen sind Zufall. Ist allerdings eine Mutation zufällig überlebensfähiger, als andere, verbreitet sich diese. Der „Übergang nur von Tier zum Mensch“ ist für ein Virus eine Sackgasse (bezogen auf den Menschen als Wirt). Eine Mutation, die es von Mensch zu Mensch schafft, ist einen natürlichen Evolutionsschritt weiter. Je besser sich neue Mutationen auf den Menschen anpassen, desto weiter ist ihre natürliche Evolution fortgeschritten, in Bezug auf den Mensch als neuen Wirt, den es weltweit im Überfluss = „Überbevölkerung“ gibt. Es handelt sich also um eine ganz natürliche evolutionäre Entwicklung.
  • Je mehr Infizierte es gibt, desto mehr Mutationen können ganz natürlich entstehen. Werden in einem Land z.B. nur 2.500 Menschen infiziert (wie in Vietnam, Stand: 17.3.2021), ist die Chance auf eine gefährliche Mutation ca. 1000fach (Tausendfach) geringer, als in einem Land, in dem 2.6 Millionen Menschen infiziert wurden (wie in Deutschland, Stand: 17.3.2021, Quelle jeweis COVID-19 Dashboard Johns Hopkins University).  Die Chance, dass in Deutschland die erste impfresistente Corona-Mutation (oder auch eine mit viel höherer Todes- oder Ansteckungsrate) entsteht, ist also in Deutschland ca. 1000 Mal höher, als in Vietnam. (Vietnam könnte also zu Recht sehr sauer auf Deutschland und seine verantwortungslosen Politiker sein!)

USA, Brasilien, Indien, Russland, Großbritanien, Frankreich, Italien  haben selbstverständlich aufgrund ihrer Infektionszahlen eine noch größere Chance, eine neue gefährliche Mutation zu schaffen, als Deutschland, wobei aufgrund der absoluten Infektionszahlen daraus noch nicht abzulesen ist, wie hoch „die Schuld“ der jeweiligen Regierung ist. Sondern dazu ist relevant, wieviele Personen, z.B. auf 1 Mio. Einwohner, infiziert wurden und welche wirtschaftlichen Möglichkeiten das jeweilige Land hat, dies zu verhindern. Es ist also überhaupt nicht verwunderlich, dass gefährliche Mutationen in Großbritanien und Brasilien entstanden sind. Die USA und Indien sind für die Zukunft genauso wahrscheinlich. Es ist also „Diffamierung“ und „Desinformation“ mit dem Beitrag „Brasilien ist eine Gefahr für die Weltgesundheit“ Hetze gegen Brasilien zu betreiben, während die USA, Großbritanien, Frankreich und auch Deutschland „verschont“ bleiben.

Auch in Deutschland gab es genug Experten, die Monate vor der ersten, vor der zweiten und jetzt vor der dritten Welle gewarnt haben und die ignoriert wurden, obwohl es gute bekannte Lösungen gab (siehe: „Corona – Vietnam als Maßstab für Deutschland„). Im Spiegel-Artikel wird nun angeprangert, dass Bolsonaro nicht auf einen Biologen im Amazonas gehört hat und dass dieser in der Bevölkerung nun angefeindet wird. Diese Beispiele finden sich auch in Deutschland.  Deshalb meine Fragen:

  • Warum gegen andere Länder hetzen und mit dem Finger auf sie zeigen, wenn es bei uns in Deutschland nicht besser ist?
  • Was haben deutsche Politiker dafür getan, dass sich möglichst wenige Menschen infizieren, um damit die Chance auf gefährliche Mutationen aus Deutschland zu reduzieren? Spielt Deutschland nicht auch mit dem Leben der Weltgemeinschaft, weil es diese Mutationen über die großen Infektionszahlen in Deutschland herausfordert?
  • Hat Deutschland nicht eine ganz andere ökonomische Stärke, um zumindest so gut zu sein wie Vietnam? Ist das bei Brasilien nicht etwas anders? Haben wir es nicht eigentlich noch viel mehr „verkackt“ als Brasilien? Sind also unsere Politiker bei Corona nicht mindestens genauso schlimm, wie Bolsonaro?
  • Hätte China nicht das gute Recht (und sogar recht damit), die ganze westliche Welt anzuprangern, dass über die unterlassenen bekannten und wirksamen Lösungsmaßnahmen diese gefährlichen Mutationen überhaupt entstehen konnten? Macht China das in dem Maß, wie „der Westen“ gegen China zu Anfang der Pandemie gehetzt hat?

Übrigens ist es auch eine Wahrheit, dass „teilimmunisierte“ Gesellschaften mit geringer Impfquote bei gleichzeitig hohen Infektionszahlen die optimalen Voraussetzungen schaffen, dass das Virus so mutieren kann, dass die aktuellen Impfungen ihm nichts mehr anhaben können. Die Deutsche Politik (Öffnungen mit hoher Infektionszahl bei gleichzeitig überschaubarem Anteil geimpfter Personen) ist also ein sehr guter Nährboden die Mutation in Deutschlan zu schaffen, die gegen die Impfungen immun ist. „Wir schaffen das.“

Deshalb finde ich den Spiegel-Artikel so gut: Er zeigt wie „Diffamierung und Desinformation“ genutzt werden, um mit dem Finger auf Andere zu zeigen und von den eigenen Fehlern in Deutschland abzulenken.

Hier geht es zur Übersicht zum „Corona Chaos in Chemnitz“.

Aber jeder sollte sich eine eigenen Meinung bilden, deshalb:

Die meisten kritischen Beiträge hier im Blog sind persönliche Meinungen, mit entsprechenden Argumenten und Schlussfolgerungen. Bilden Sie sich Ihre eigenen Meinung. Eigenes (Mit)Denken sollte bei jedem Thema und Informationskanal die wichtigste Grundlage sein.  Der Beitrag „Desinformation (Fake News) aufdecken und einordnen“ (aus dem Wissensmanagement MOOC) vermittelt dazu sehr nützliches Wissen.